Köln – Manche Krankheiten sind so schwer, dass sie nicht geheilt werden können. Wenn Chemotherapien erfolglos bleiben oder keine rettende Operation möglich ist, werden Patienten als «austherapiert» entlassen. Doch was dann?
Wie lernt man, zu akzeptieren, dass das Leben bald endet? Und wer kann helfen, den Weg hin zum Tod etwas leichter zu machen?
«Eine finale Erkrankung führt zu vielen Sorgen- und Problemfeldern innerhalb der Familie», sagt Sonja Heyder vom Hospiz-Team Nürnberg. Patienten und ihre Angehörigen müssen akzeptieren lernen, dass die Krankheit nicht geheilt werden kann – oder sich darauf einigen, dass sie keine weiteren Therapieansätze ausprobieren.
Manchmal sei das vor allem für die Angehörigen schwer. Sie recherchieren weitere Therapieansätze, wollen alles versucht haben. Aus Sicht von Experten ist es aber wichtig, den Patienten selbst nicht zu übergehen. «Wir versuchen dann zu vermitteln», erklärt Stefanie Wagner, Palliativärztin und Geschäftsführerin des Palliativteams SAPV Köln.
Sie erlebe es auch, dass Angehörige ihr sagen, der Patient wisse noch nicht, wie aussichtslos die Lage sei, während der Patient die Betreuer bittet, die Familie nicht über den Ernst der Situation aufzuklären. «Dadurch wollen sich alle gegenseitig schonen, aber aus meiner Sicht geht dabei so viel verloren. Zeit, die man miteinander und mit schönen Dingen füllen könnte.»
Anspruch auf die Betreuung durch eine Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) haben Patienten, die an einer unheilbaren Erkrankung leiden und keine weiteren kurativen Therapien mehr durchführen. Werden die nötigen Voraussetzungen erfüllt, übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten. Ärzte, Pfleger und Ehrenamtliche begleiten Patienten und Angehörigen bis zum Lebensende. «Wenn etwas ist, dann sind wir im Normalfall innerhalb von zehn Minuten vor Ort», sagt Wagner.
Es gehe aber auch um den Aufbau einer Versorgungsstruktur, ergänzt Heyder. Vor allem wenn Patienten ihren letzten Lebensabschnitt zu Hause verbringen möchten: Dann müssen unter Umständen Hilfsmittel angeschafft oder kleinere Umbaumaßnahmen durchgeführt werden.
Einen großen Stellenwert hat der Umgang mit der Angst: «Durch ganz viel Aufklärungsarbeit können wir den Patienten die Sorge nehmen, dass sie am Lebensende starke Schmerzen haben», sagt Wagner. Auch Jan Gramm hilft Menschen dabei, die Angst vor dem Sterben abzubauen. Der Palliativpsychologe aus Frankfurt am Main arbeitet dabei unter anderem mit Entspannungstechniken und Fantasiereisen.
Palliativpsychologen können außerdem bei wichtigen Entscheidungen unterstützen: Möchte jemand die letzte Zeit zu Hause verbringen, oder ist ein Hospiz der bessere Ort? «Solche Entscheidungen sind hochpsychologische und schwierige Prozesse, bei denen wir die Patienten und ihre Familien unterstützen», sagt Gramm.
Mit den Angehörigen wirft Gramm oft einen Blick in die Zukunft: Welche Stationen kommen auf sie zu – emotional und organisatorisch? Welche Dinge sind zu erledigen, wer kann dabei helfen? An welches Wissen und welche bewährten Wege können sich die Angehörigen in schwierigen Situationen erinnern? «Wir schreiben all das auf und geben es den Angehörigen mit», sagt Gramm. «So sehen sie nicht einen großen Berg vor sich, sondern einzelne Etappen. Das macht es für sie greifbarer.»
Bis der Tod tatsächlich eintritt, ist es nach Ansicht von Sonja Heyder wichtig, die letzte Lebensphase mit positiven Dingen zu füllen. Sie versuche, durch den Einsatz von ehrenamtlichen Hospizbegleitern «Anker- und Lichtpunkte» zu setzen, letzte Wünsche zu erfüllen oder kleine Ausflüge zu ermöglichen. Auch Geburtstage in der Familie dürfen gefeiert werden. «Es müssen nicht immer nur alle Familienmitglieder mit Trauermiene herumsitzen. Wir lachen auch oft noch ganz viel mit den Patienten – selbst in der allerletzten Lebensphase.»
Fotocredits: Uwe Umstätter,M. Gramm,Andreas Puhl
(dpa/tmn)