Lübeck – Das perfekte Verhütungsmittel wäre hundertprozentig sicher, verträglich, preiswert, einfach in der Handhabung, hätte keine Auswirkung auf die Fruchtbarkeit, würde beim Sex nicht stören, könnte von allen Menschen verwendet werden – und müsste noch erfunden werden.
Stattdessen gibt es eine Vielzahl von Verhütungsmethoden, die mehr oder weniger gut zur jeweiligen Lebenssituation, dem eigenen Körper oder persönlichen Bedürfnissen passen.
«Die Wahl des richtigen Verhütungsmittels ist sehr individuell. Daher kann ich keine allgemeine Empfehlung aussprechen», sagt Annemarie Potthoff. Sie leitet die Beratungsstelle von pro familia in Lübeck. «Ich rate jedoch jedem und jeder, sich ausführlich über alle Methoden zu informieren.» Informationen gibt es bei Beratungen wie Pro Familia und im Netz zum Beispiel bei der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Barriere oder Hormone
Grundsätzlich können Verhütungsmethoden in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden: hormonelle Verhütung und Barrieremethoden. «Es gibt auch noch natürliche Verhütungsmethoden. Das erfordert jedoch viel Übung und Körperwissen, damit der Empfängnisschutz wirklich gewährleistet ist», so Potthoff. «Es gibt daher an vielen Orten extra Kurse, in denen es nur um dieses Thema geht.»
Die bekannteste Barrieremethode ist das Kondom. Es ist bislang das einzige Verhütungsmittel für den männlichen Körper – sieht man von einer Sterilisation mal ab. Weitere Barrieremethoden sind das Femidon, auch Frauenkondom genannt, das Diaphragma und die Verhütungskappe, die über den Muttermund gestülpt wird.
Zu den hormonellen Verhütungsmitteln zählen die Pille, die Hormonspirale, der Vaginalring, die Drei-Monats-Spritze, das Verhütungspflaster und Verhütungsstäbchen. Die Kupferspirale oder Kupferkette lässt sich in keine der Kategorien einordnen. Das Kupfer verhindert den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut und schränkt Spermien in ihrer Beweglichkeit und Befruchtungsfähigkeit ein.
Wie gut schützt was?
Vor einer Empfängnis schützen alle Methoden – vor sexuell übertragbaren Krankheiten aber nur die Barrieremethoden. Einzige Ausnahme sind sogenannte Lecktücher. Diese eher unbekannte Methode zur Verhütung von sexuell übertragbaren Krankheiten bietet keinen Empfängnisschutz. Das muss sie aber auch nicht, denn sie ist ausschließlich für Oralsex gedacht.
Wie zuverlässig eine Verhütungsmethode beim Vermeiden unerwünschter Schwangerschaften ist, verrät der Pearl-Index. Auch die Wahrscheinlichkeit von Anwendungsfehlern spielt dabei eine Rolle. «Bei einem Verhütungsmittel, was von einem Frauenarzt oder einer Frauenärztin eingesetzt wird, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler recht gering», sagt Potthoff. «Bei der Pille können zum Beispiel Probleme eintreten, wenn sie nicht regelmäßig genommen wird, oder es zu Durchfall oder Erbrechen kommt.»
Bei richtiger Anwendung bieten die meisten Verhütungsmittel jedoch eine Sicherheit von über 90 Prozent.
Viele Faktoren für eine Entscheidung
Eine weitere wichtige Frage sei, wie langfristig verhütet werden soll. Habe ich regelmäßig Sex? Oder brauche ich nur punktuell Schutz? «Eine Spirale zum Beispiel ist auf mehrere Jahre ausgelegt. Das Kondom kommt nur zum Einsatz, wenn ich tatsächlich Sex habe», erklärt Potthoff.
Vorerkrankungen, andere Medikamente oder gesundheitliche Beeinträchtigungen spielen bei der Frage nach dem richtigen Verhütungsmittel ebenfalls eine große Rolle. Deshalb werden hormonelle Mittel nur nach vorherigem Beratungsgespräch verschrieben. Andere Verhütungsmittel sind frei verkäuflich erhältlich.
«Die Einstellung zum eigenen Körper ist bei Verhütung ganz entscheidend», merkt Potthoff an. Für manche Menschen kann es ein Problem sein, ein Diaphragma oder eine Verhütungskappe einzusetzen -andere scheuen sich davor, dauerhaft einen Fremdkörper wie ein Hormonstäbchen unter der Haut zu tragen. «Niemand sollte sich mit dem gewählten Verhütungsmittel unwohl fühlen.»
Verhütung soll nicht am Geld scheitern
Zuletzt ist die finanzielle Lage für viele Menschen ein entscheidender Faktor: Ein Kondom scheint auf den ersten Blick recht billig, eine Spirale mit Kosten von 150 bis 350 Euro eher teuer. Gleichzeitig kann eine moderne Spirale viele Jahre in der Gebärmutter bleiben – und damit sogar günstiger sein als Verhütung mit Kondomen, je nachdem, wie viel Sex jemand hat. «Die richtige Verhütungsmethode sollte nie am Geld scheitern», sagt Potthof.
Bis zum 22. Lebensjahr übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel. Für die Zeit danach hat Potthoff einen Tipp: «Es kann sein, dass kommunal ein Teil der Kosten oder sogar alle Kosten übernommen werden. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich darüber zu informieren.»
Fotocredits: Christophe Gateau,Friso Gentsch,Franziska Gabbert
(dpa/tmn)