Berlin – Lachen ist gesund, heißt es. Für Distickstoffmonoxid, wie das Lachgas eigentlich heißt, gilt das jedoch nicht unbedingt. Zeit, sich dem 1772 entdeckten Gas einmal zu nähern.
– Kick: «Wird Lachgas als Schnüffelstoff eingeatmet, tritt nach wenigen Sekunden ein Rausch ein, bei dem schwache Halluzinationen, Wärme- und Glücksgefühle empfunden werden», heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Lachgas kann legal erworben werden und wird zum Beispiel als Treibgas in Sprühdosen und als Aufschäummittel in Sahnespenderkapseln gefüllt.
Drogenforscher der Universität Frankfurt stellten 2018 in einer Studie fest, dass sich die Zahl jugendlicher Lachgas-Konsumenten in Deutschland innerhalb von drei Jahren verdoppelt habe: 12 Prozent der Jugendlichen hatten demnach schon mal Lachgas konsumiert. Meistens bleibe es aber beim Ausprobieren.
Ungefährlich ist Lachgas nicht: Bei häufigem Einatmen könnten die inneren Organe und das Nervensystem Schaden nehmen, warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Lachgas schädige das Knochenmark und zerstöre die Isolierung der Nervenbahnen. Das könne Koordinationsstörungen nach sich ziehen und die Merkfähigkeit einschränken. Um die Intensität der Inhalation und damit die Wirkung zu steigern, ziehen sich manche Konsumenten eine Plastiktüte über den Kopf. Sie können bewusstlos werden – und ersticken.
– Kommerz: Im Nachbarland Niederlande ruft die wachsende Beliebtheit des Gases auch Geschäftemacher auf den Plan, wie den «Lachgas-König» Deniz Üresin. In Vor-Corona-Zeiten ließ er abends und nachts in den Amsterdamer Kneipenvierteln mit Lastenfahrrädern mit Lachgas gefüllte Ballons ausliefern – zum Schnüffeln direkt auf der Straße.
– Komiker: Muss man denn von Lachgas tatsächlich lachen? Jein. Durch das Gas wird unter anderem das Zwerchfell stimuliert, dadurch kann es zu Lachsymptomen kommen. Der Effekt hält jedoch nur kurze Zeit an, wie in der Show «Joko und Klaas gegen Prosieben» zu sehen war: Für eine Aufgabe sollte Joko Winterscheidt Lachgas inhalieren. Minuten später war er aber wieder ganz der Alte.
– Klima: Gar nicht witzig sind die Auswirkungen des Gases auf das Klima. Lachgas ist ebenso wie Kohlendioxid und Methan ein sogenanntes Treibhausgas. Auch für die Ozonschicht ist das N2O sehr schädlich. Weil es sehr lange in der Atmosphäre bleibt, hat jedes Molekül dem Weltklimabericht des Weltklimarates zufolge einen etwa 300-fach stärkeren Treibhauseffekt als CO2 und ist in seiner Summe damit nach Kohlendioxid und Methan auf Platz drei der
klimaschädlichen Gase.
– Kummer: Der Zahnarzt Horace Wells bemerkte 1844, wie sich jemand unter Lachgas-Einfluss verletzt hatte, aber keine Schmerzen spürte, erzählt der Medizinhistoriker Matthis Krischel. Einen Tag später habe Wells das Gas selbst ausprobiert und sich von einem Kollegen einen Zahn ziehen lassen. Doch als der Dentist seine Entdeckung Kollegen vorführen wollte, misslang die Betäubung, so die Geschichte. Während Andere große Erfolge mit dem Gas feierten, war Wells‘ Ruf ruiniert. Er beging später Suizid.
– Kichernde Patienten: Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird Lachgas in der Medizin eingesetzt. Heutzutage arbeiten in Deutschland aber nur noch wenige Krankenhäuser mit dem Stoff, erklärt der Anästhesist Christian Hermanns. Vor allem in der Zahnmedizin findet es nach Angaben der Bundeszahnärztekammer noch Anwendung – um ängstliche Patienten zu beruhigen.
Fotocredits: Annette Birschel
(dpa)