Kalter Rauch gefährdet besonders Kleinkinder

Heidelberg – Nach den Gefahren des Rauchens und Passivrauchens

nehmen Wissenschaftler jetzt den kalten Tabakrauch verstärkt in den

Blick. Er hängt in Kleidern, setzt sich in Teppichen und Vorhängen

fest, lagert sich auf Möbeln ab und wird über Haut, Lunge und Mund

aufgenommen.

«Zwar ist der erkaltete Rauch nicht so schädlich wie das aktive oder passive Tabakrauchen, aber auch er könnte das Krebsrisiko erhöhen», sagt Katrin Schaller, Expertin für Tabakkontrolle am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, der Deutschen

Presseagentur.

Stefan Andreas, ärztlicher Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen (Hessen), pflichtet bei: «Es ist ganz klar, dass diese Substanzen –

auch über andere Wege aufgenommen – schädlich sind.»

Schutz wie vor Passivrauchen notwendig

Unter Wissenschaftlern herrsche darüber Einigkeit. Der Schutz vor kaltem Rauch solle wie der vor der Belastung durch Passivrauchen konsequent umgesetzt werden.

Der Weltnichtrauchertag sei eine gute Gelegenheit, findet Biologin

Schaller, Raucher an die Folgen ihres Tuns für andere zu erinnern.

Die beim Rauchen entstandenen Schadstoffe blieben an Kleidern, Haut

und Haaren des Rauchers hängen und würden so weitergegeben.

So fanden US-Wissenschaftler Rückstände nicht nur in Nichtraucherhotels und -autos, sondern auch in einer rauchfreien Intensivstation für Neugeborene: Personal oder Eltern hatten sie eingeschleppt.

Keine Küsse nach der Zigarette

Besonders gefährdet sind Kleinkinder, die gerne auf dem Boden spielen und Gegenstände in den Mund nehmen. Kleiner Tipp am Rande: Männer und

Frauen sollte ihre Liebsten nicht direkt nach dem Zigarettenkonsum

küssen. «Raucher atmen noch bis zu zehn Minuten nach Löschen der

Zigarette Schadstoffe aus», sagt Schaller.

Im kalten Rauch sind rund 90 Stoffe zu finden, die krebserregend sind

oder im Verdacht stehen, dieses zu sein. Nachgewiesen wird der kalte

Rauch durch Ablagerungen von Nikotin. Nikotin selbst ist nicht

krebserregend, könne dies aber nach der Reaktion mit anderen

Substanzen aus der Umgebung werden, wie Schaller erläutert.

Empfehlung: draußen rauchen

Diese Verbindungen bauten sich erst in Monaten oder Jahren ab. Das Nikotin selbst ist aber auch nicht harmlos. Es wirkt auf das Herz- und Kreislaufsystem und kann im schlimmsten Fall zu Vergiftungen führen, wie Schaller vom DKFZ erläutert. Auch Staubtuch und -sauger

beseitigen den hartnäckigen Stoff nicht vollends.

Schallers Schlussfolgerung: «Ich empfehle, nicht drinnen zu rauchen,

um sich selbst und andere zu schützen.» Dabei müsse der Abstand so

groß sein, dass nicht doch noch Rauch in die Wohnung ziehe.

Weitere Ratschläge: nach dem Rauchen Händewaschen und Kleider wechseln. Das gelte insbesondere, wenn man mit Kindern zusammenkommt. Wer in eine Raucherwohnung einziehe, tue gut daran, Tapeten und Teppiche zu erneuern.

Dünne Forschungslage

Lungenspezialist Andreas bedauert die unzureichende Forschung auf dem

Gebiet. Studien zu nachgewiesenen Gefahren des «third hand smoke» für

den Menschen gebe es nicht, Schlussfolgerungen würden analog zu den

Auswirkungen vom Passivrauchen gezogen.

Auch Schaller vom DKFZ verweist auf eine dünne Forschungslage. Es gebe Versuche mit Zellen, wonach kalter Rauch deren Funktion und Erbsubstanz schädigt. Im Tierversuch habe sich negativer Einfluss auf das Immunsystem und die Lungenentwicklung bei Ungeborenen ergeben.

Fotocredits: Daniel Reinhardt
(dpa)

(dpa)
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