Der Begriff „Phytotherapie“ klingt nach einer modernen Erfindung unserer Zeit. Dieser „Hauch von Moderne“ gewinnt jedoch an geschichtlicher Bedeutung, wenn man weiß, dass Phytotherapie nichts anderes als „Pflanzenheilkunde“ ist.
Grundlage ist die Verwendung von Pflanzen als Arzneien. Dabei werden, je nach Wirkweise der Bestandteile, Wurzeln, Blüten, Knospen, Blätter, krautige wie holzige Teile und Früchte verarbeitet. Dies geschieht durch Herstellung von Auszügen aus Kräutern und Heilpflanzen, ferner durch Kaltwasserauszüge, auskochen und Aufgüsse. Eine weiterer Methode ist die Verwendung des frischen Krauts. Pflanzenheilkunde ist ein weltweites Phänomen. Alle Kulturen blicken auf eine lange Geschichte diesbezüglich zurück. In Deutschland sind die historischen Figuren Hildegard von Bingen und Sebastian Kneipp Aushängeschilder der traditionellen Phytotherapie. Aus dem Asiatischen Raum dürften die Traditionelle Chinesische Medizin und die Sino-japanische Phytotherapie einer breiten Masse bekannt sein. Auch Hippokrates beschäftigte sich mit der medizinischen Wirkung von Pflanzen.
Die Phytotherapie findet sowohl in der evidenzbasierten als auch in der alternativen Medizin Anwendung. „Evidenbasiert“ weist darauf hin, dass hier nur Pflanzen verarbeitet und genutzt werden, deren Wirkung sicher in Doppelblindstudien (nach komplizierten wissenschaftlichen Standards) nachgewiesen ist. Die Homöopathie, deren Wirkweise ja auch schon in unzähligen Studien untersucht wurde, kümmert sich weniger um den wissenschaftlichen Nachweis. Dies muss aber nicht bedeuten, dass die verwendeten Wirkbestandteile nicht heilen könnten. Das Problem bei streng wissenschaftlichen Studien ist, meiner Meinung nach, ihre mangelnde individuelle Ausprägung (auf der Wisseschaft, das muss man dazu sagen, basiert). Oft führen sie zu völlig unterschiedlichen, manchmal geradezu widersprechenden Aussagen. Im Zuge der immer größeren Popularität der alternativen Medizin wird seit Jahren diskutiert, ob die Wirkung nur von einem Placebo-Effekt herrührt. Doch auch hier scheiden sich die Geister. Denn, wenn etwas wirkt, so die Anhänger der Homöopathie, ist es doch völlig unzulänglich, auf welche Weise dies geschieht. Fakt ist, dass die meisten Pflanzen bei der Einnahme weniger Nebenwirkungen hervorrufen, als chemische Arzneien. Vorsicht ist dennoch geboten, denn „weniger“ heißt nicht „gar keine“. So stellte man in unterschiedlichen Studien, beispielsweise über Johanniskraut, fest, dass Wechsel- und Nebenwirkungen durchaus auftreten können.
Hier eröffnet sich ein weiteres Problem: Man kann nicht davon ausgehen, dass zwei Medikamente mit dem selben Wirkstoff auch die selbe Wirkweise zeigen. Es kommt auf die Dosierung und die weiteren Wirkstoffe an. Darüber hinaus ist es auch von Bedeutung, ob man Medikamente aus der Apotheke, oder nur Präparates aus dem freien Handel erwirbt. Letztere gelten als „Nahrungsergänzungsmittel“ und unterliegen damit nur wenigen Standards. Auch in der Phytotherapie ist damit der Grundsatz gegeben: bei leichten Beschwerden wie Schnupfen, Schlafstörungen und auch bei „Burn-Out“ und leichten Wechseljahrsbeschwerden kann man versuchen, sich selbst zu behandeln, stärkere, chronische und langanhaltende oder in ihrer Herkunft ungeklärte Symptome gehören immer in die Hände eines Arztes.