Was hilft wirklich gegen Heuschnupfen?

Mönchengladbach/Berlin – Wenn die Nase schon beim Aufstehen läuft, bei der Arbeit die Augen jucken und auf dem Heimweg die Luft knapp wird – dann ist vermutlich Heuschnupfenzeit. Je nach Schwere der Allergie lassen sich Beschwerden nicht ganz vermeiden.

Doch es gibt Tipps, Tricks und zahlreiche Medikamente und Möglichkeiten, mit denen die Pollenflug-Saison zumindest erträglicher wird.

– Vorbereitung: «Wichtig ist, sich schon im Vorfeld zu kümmern – und nicht erst dann, wenn es richtig warm wird und plötzlich akut wird», sagt Sonja Lämmel vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Wann es bei wem genau losgeht, lässt sich ohnehin nicht vorhersagen – heutzutage erst recht nicht. Zu unterschiedlich sind Allergien und regionale Pollenbelastung.

«Wir haben durch den Klimawandel immer weniger extreme Jahreszeiten und vor allem oft sehr warme Winter», erklärt die Expertin. Und das hat auch Einfluss auf den Pollenflugkalender. Tendenz: Los geht es immer früher, gleichzeitig dauert die Pollenflugsaison länger – eine echte Atempause gibt es für Betroffene daher nicht mehr.

– Diagnose: Welche Medikamente soll ich nehmen? Wie schwer ist mein Heuschnupfen? Was kann ich sonst tun? Das sind alles Fragen für einen Arzt – den viele Betroffene aber gar nicht mehr aufsuchen. «Uns fehlt dadurch die Gelegenheit zu einer richtigen Diagnose», sagt Prof. Jörg Kleine-Tebbe, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI).

«Ein großes Problem ist noch immer, dass Heuschnupfen zu oft von den Betroffenen selbst bagatellisiert wird», sagt auch Lämmel. «Die sagen dann «Naja, ich hab ein wenig Schnupfen und die Augen jucken, ich komme schon irgendwie durch».» Tatsächlich handelt es sich bei Heuschnupfen aber immer um eine chronische Entzündung. Wird diese nicht richtig therapiert, droht der sogenannte Etagenwechsel: Aus dem reinen Schnupfen wird dann allergisches Asthma.

– Alltagstipps: Von denen gibt es viele. Haare waschen am Abend, getragene Kleidung nachts nicht im Schlafzimmer lagern, Wäsche nicht auf dem Balkon trocknen und so weiter. Einziges Problem: «Es gibt keine echte Evidenz, dass das hilft», sagt Kleine-Tebbe. Helfen können solche Tipps im Einzelfall aber trotzdem, und sei es über den Placebo-Effekt – der Allergologe empfiehlt sie seinen Patienten daher teils auch.

Früher gab es oft auch den Tipp, je nach Wohnort nur zu bestimmten Zeiten zu lüften: in der Stadt eher morgens, auf dem Land abends. Das lässt sich so pauschal aber nicht mehr sagen, erklärt Lämmel. Beste Faustregel fürs Lüften daher: Am besten früh am Morgen und immer eher kurz als lang – idealerweise mit Pollenschutzgitter am Fenster.

– Medikamente: Je nach Schwere gibt es unterschiedliche Mittel. Los geht es mit den Antihistaminika als Tablette, Nasenspray oder Augentropfen. Diese bekämpfen vor allem den Juckreiz, Niesen und Naselaufen, erklärt Kleine-Tebbe. Spätestens wenn die Nase dauerverstopft ist, und noch andere Symptome wie Konzentrationsschwierigkeiten hinzukommen, ist es damit aber nicht mehr getan.

Kleine-Tebbe empfiehlt dann Nasensprays mit Cortison «Das hat noch immer einen schlechten Ruf», sagt er. «Lokal in die Nase gesprüht, gibt es aber die gefürchteten Nebenwirkungen gar nicht.» Cortison-Tabletten verschreiben Ärzte dagegen nur in schweren Einzelfällen. Und Cortisonspritzen ins Gesäß, die es früher gab, werden heute gar nicht mehr empfohlen.

Sinnvoll kann aber sein, Cortison-Sprays und Antihistaminika gemeinsam anzuwenden oder Kombinationspräparate einzunehmen, so der Experte – das verknüpft die eher langsame, anhaltende Wirkung des Cortisons mit der Akutwirkung der Antihistaminika. Wermutstropfen dabei: Das wird eventuell teuer. Denn Cortison-Sprays und Antihistaminika sind meistens rezeptfrei, die Krankenkassen zahlen dafür nur noch in schweren Ausnahmefällen.

– Therapie: Eine Hyposensibilisierung oder Allergen-Immuntherapie bekämpft nicht die Symptome, sondern die Ursache der Allergie – das Immunsystem wird an die Allergene gewöhnt. So lassen sich einerseits die Beschwerden und Medikamente reduzieren, andererseits wird das Risiko eines allergischen Asthmas geringer. «Da haben wir inzwischen recht gute Daten», sagt Kleine-Tebbe.

Der Prozess ist aufwendig, er dauert drei Jahre. In der Zeit gibt es entweder monatlich Spritzen oder täglich Tabletten beziehungsweise Tropfen unter die Zunge. Trotz des hohen Aufwands empfiehlt Lämmel Betroffenen die Therapie: «Ganz weg bekommen Sie die Allergie damit zwar nicht», sagt sie. «Aber eine Verbesserung ist ja schon ein Erfolg.» Allerdings ist es nicht immer mit einer Therapie getan: Es kann sein, dass die Wirkung nach ein paar Jahren nachlässt. Dann muss sie wiederholt oder aufgefrischt werden.

Fotocredits: Christin Klose,Christin Klose,Hauke-Christian Dittrich,DAAB
(dpa/tmn)

(dpa)
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